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Türkischer Rechtsextremismus in Deutschland

Spätestens seitdem der türkische Fußballnationalspieler Merih Demiral sein Tor im Viertelfinale der diesjährigen Europameisterschaft mit der Geste des faschistischen Wolfsgrußes markierte, wird das Thema des Türkischen Rechtsextremismus’ wieder in Deutschland diskutiert.

Obwohl von Gruppierungen wie den „Grauen Wölfen“ die zweitgrößte rechtsextreme Bedrohungslage in Deutschland ausgeht, mangelt es erheblich an Wissen um ihre Ideologie. Türkischer Rechtsextremismus ist in der öffentlichen Wahrnehmung vielfach unterrepräsentiert.

Narrative und Merkmale
Die Narrative des türkischen Rechtsextremismus basieren auf der Betonung bzw. Schaffung einer türkischen Identität, der Verteidigung eines starken, autoritären Staates sowie der Abwertung, Verfolgung und genozidalen Vertreibung von marginalisierten Gruppen in der Türkei. Betroffen sind u.a. Kurd*innen, Alevit*innen, Armenier*innen sowie Jüdinnen und Juden. Zudem findet eine Verherrlichung türkischer Geschichte statt, insbesondere der des Osmanischen Reiches. Oft wird die Türkei als Opfer von ausländischen Mächten dargestellt, die angeblich versuchen, das Land zu schwächen oder zu destabilisieren. Dabei werden häufig antisemitische Verschwörungsmythen benutzt. Symbolisch bedient sich der türkische Rechtsextremismus häufig der „Wolfsgruß“-Geste, die von den „Grauen Wölfen“ verwendet wird, sowie der Abbildungen von „nationalen Helden“ wie Mustafa Kemal Atatürk, um ihre rassistische Ideologie zu untermauern.

Staatsideologie der Türkei
Der türkische Rechtsextremismus wird oft als eine Fortsetzung der offiziellen Staatsideologie verstanden, insbesondere in der Betonung von Nationalismus und der unbedingten Loyalität zum Staat. Diese Ideologie wurde historisch durch die republikanische Erziehung und das Militär unterstützt und spiegelt sich auch in der Politik vieler türkischer Regierun- gen wider, die sich gegen Minderheiten und jegliche Form von Kritik am Staat wenden.

Gemeinsamkeiten mit deutschem Rechtsextremismus
Sowohl der türkische als auch der deutsche Rechtsextremismus sind durch Nationalismus, Rassismus und Antisemitismus, Antifeminismus, ähnliche Männlichkeitsvorstellungen sowie LGBTIQ*-Feindlichkeit gekennzeichnet. Der türkische Rechtsextremismus basiert stärker auf ethnischem und religiösem Nationalismus und dem Mythos einer großen türkischen Nation und Identität, dies richtet sich u.a. gegen Nicht-Muslime und -Muslimas, Kurd*innen und andere Minderheiten in der Türkei. Dabei wird die türkische Geschichte sowie die des Osmanischen Reiches verherrlicht.

Rolle von Antisemitismus und Antifeminismus
Antisemitismus ist ein wiederkehrendes Element im türkischen Rechtsextremismus, oft verbunden mit Verschwörungstheorien über eine vermeintliche jüdische Kontrolle der Weltpolitik, die auch in deutschen rechtsextremen Kreisen verbreitet sind. Antifeminismus nimmt eine zentrale Rolle ein, indem traditionelle Geschlechterrollen propagiert und Frauenrechte als Bedrohung für die nationale Identität dargestellt werden.

Relevanz und Handlungsbedarf in Deutschland
In Deutschland ist es wichtig, sich mit dem Thema türkischer Rechtsextremismus zu beschäftigen, da die Ideologie auch in türkischen Diasporagemeinschaften präsent ist. Bei türkischem Rechtsextremismus handelt es sich um eine ernstzunehmende antidemokratische Bewegung, unterstützt von der türkischen Regierung, die auch für in Deutschland Betroffene eine Bedrohung darstellt.

Es benötigt einen Antirassismus, der anerkennt, dass Rassismuserfahrungen und das Ausüben von Rassismus gleichzeitig existieren können. So können beispielsweise türkeistämmige Menschen, die selbst in Deutschland Diskriminierung erleben, dennoch rassistische Ansichten gegenüber Kurd*innen und weiteren Gruppen hegen und Gewalt gegen eben jene ausüben. Ein umfassenderer Ansatz von Antirassismus kann helfen, diese Komplexität zu erkennen und effektiv gegen alle Formen von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit vorzugehen.

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