Demokratie

Neonazi-Provokation am 9. November & Instrumentalisierung in Pankow

Am 9. November 2024, dem Gedenktag an die antisemitischen Novemberprogrome, wurden dem Pankower Register drei gleichzeitig stattfindende “Infostände” der neonazistischen Kleinstpartei „Der Dritte Weg“ im Pankower Norden gemeldet.1 Diese extrem rechten Aktivitäten stellen eine gezielte Provokation dar, sowohl gegen das Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus als auch eine rassistische, antisemitische und völkisch-ideologische Raumeinnahme. 

Ein Tag der Erinnerung und der Provokation 
Der 9. November steht in Deutschland für die Reichspogromnacht von 1938, als tausende Jüdinnen und Juden verfolgt, ihre Häuser zerstört und Synagogen brannten. Dieser Tag symbolisiert die zunehmende Gewalt und Diskriminierung der jüdischen Bevölkerung durch das nationalsozialistische Regime. Doch der 9. November hat auch eine andere Seite – den Fall der Berliner Mauer 1989 und den Beginn des demokratischen Umbruchs in Deutschland. Diese Ambivalenz macht den Tag zu einem besonders wichtigen Gedenktag in der deutschen Erinnerungskultur. 

Neonazistische Gruppen wie „Der Dritte Weg“ versuchen, diesen Tag zu instrumentalisieren, um ihre menschenfeindlichen Ideologien zu verbreiten und dabei das Gedenken an die Shoah zu relativieren. Die Wahl dieses Datums für die Durchführung ihrer Infostände ist eine klare Provokation gegen die Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus sowie gegen die demokratische Gesellschaft.  

Antisemitismus, Rassismus und völkische Ideologie von „Der Dritte Weg“ 
„Der Dritte Weg“ ist eine neonazistische Kleinstpartei, die sich durch eine klare völkische Ideologie auszeichnet, die auf einer Vorstellung von sogenannter ethnischer Reinheit und einem ausschließenden Nationalismus beruht. Die Gruppierung propagiert einen offenen Antisemitismus, der sich sowohl gegen jüdische Menschen als auch gegen den Staat Israel richtet. Ihre ideologischen Wurzeln liegen tief im klassischen Antisemitismus, der auf Verschwörungstmythen und der Dämonisierung jüdischer Menschen als vermeintliche „Feinde des Volkes“ beruht. Auch Rassismus, insbesondere gegen Geflüchtete und LGBTIQ*-Feindlichkeit sind feste Bestandteile des Neonazismus. Diese menschenfeindlichen Positionen sind nicht neu, sondern stellen eine Fortführung des nationalsozialistischen Weltbildes dar. 

Vom Kampfsporttraining zu öffentlichen Infoständen: Mögliche Veränderungen in der extrem rechten Strategie 
Erst Anfang des Jahres registrierten wir, als Pankower Register, vor allem Kampfsporttrainings, die u.a. vom „Dritten Weg“ im Bezirk organisiert wurden.2 Die Trainings dienen nicht nur der physischen Vorbereitung, sondern über den Sport erfolgt auch die Rekrutierung und Mobilisierung insbesondere von Jugendlichen und jungen Erwachsenen für die extrem rechte Szene.  

Die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Pankow verabschiedete Anfang September einen Beschluss, der es untersagt, dass solche Trainingsräume weiterhin von derartigen  Gruppierungen, wie dem „Dritten Weg“ genutzt werden dürfen, nachdem vermehrt Hinweise darauf aufkamen.3 

Mit den Infoständen am 9. November in Buch und Karow lässt sich nun eine mögliche Veränderung in der Strategie der extrem rechten Gruppen beobachten: Statt sich nur im geschlossenen Rahmen von Trainings und kleinen Zusammenkünften zu verbergen, suchen sie zunehmend die Öffentlichkeit und nehmen verstärkt direkten Kontakt zu Bürger*innen auf. Insbesondere vor dem kommenden Wahlkampf der Bundestagswahlen 2025 ist dies als besorgniserregend einzustufen.  

Die Infostände von „Der Dritte Weg“ im Pankower Norden sind ein klarer Ausdruck dieser neuen Strategie. Hier versuchen sie, ihre rassistische und antisemitische Ideologie öffentlich zu verbreiten und neue Anhänger*innen zu gewinnen. Durch die direkte Ansprache von Passant*innen und die Verteilung von Propagandamaterial wollen sie ihre Botschaften in den Alltag der Menschen tragen und eine breitere Basis für ihre extrem rechten Positionen schaffen. 

Der Widerstand gegen völkischen Rassismus und Antisemitismus bleibt eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe 
Der Aufbau von Infoständen durch den „Dritten Weg“ im öffentlichen Raum stellt nicht nur eine ideologische Provokation gegen die Erinnerungskultur dar, sondern auch eine direkte Bedrohung für dort ansässige Jüdinnen und Juden, Schwarze Menschen, People of Color und weitere von Rassismus betroffene Personen. Solche Aktivitäten fördern eine Atmosphäre der Angst und Intoleranz, da rassistische und völkische Ideologien verbreitet werden. Insbesondere in einem vielfältigen Stadtteil wie Pankow, der von Menschen unterschiedlichster Herkunft und Kultur geprägt ist, kann die Präsenz einer solchen extrem rechten Gruppierung die gesellschaftliche Spaltung vertiefen und für marginalisierte Gruppen eine zusätzliche Gefahr darstellen. 

Fußnoten

(1) Vorfälle aus der Vorfallschronik des Pankower Registers:  „Infostand“ vor Supermarkt in Karow: https://berliner-register.de/vorfall/a32c000f-6349-470c-8d9f-3a82f929040c/, „Infostand“ in Einkaufspassage in Buch: https://berliner-register.de/vorfall/507bc761-b23e-4953-8bc4-2494160bddf3/, „Infostand“ vor S-Bahnhof Karow: https://berliner-register.de/vorfall/507bc761-b23e-4953-8bc4-2494160bddf3/  

(2) https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/neonazis-trainieren-hinter-grundschule-in-berlin-pankow-das-sind-noch-die-netteren-hier-li.2242119 

(3) https://www.nd-aktuell.de/artikel/1185048.neonazis-im-sport-berlin-pankow-dritter-weg-vom-platz-gestellt.html (Stand: 11.12.2024) 

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