Im Jahr 2024 erfassten wir im Bezirk Pankow 582 extrem rechte und diskriminierende Vorfälle (2023: 399) – ein Anstieg von rund 45 %. Deutlich zugenommen haben Propaganda (2024: 437), Sachbeschädigungen (43) sowie Bedrohungen, Beleidigungen und Pöbeleien (61). Schwerpunkte lagen in den Ortsteilen Prenzlauer Berg, Pankow Zentrum und Weißensee.
Angriffe auf zivilgesellschaftliche Einrichtungen
Ziel neonazistischer Einschüchterungen war u. a. die Jugendeinrichtung JUP e.V., die am 6. Januar von einer vermummten Gruppe betreten und mit Aufklebern beklebt wurde. Ähnliche Übergriffe trafen auch den Jugendclub Bunte Kuh e.V. Zudem wurden Versammlungen der extrem rechten Kleinstpartei „Der III. Weg“ beobachtet, bei denen mit Flaschen und Knüppeln ausgerüstete Gruppen durch Pankow zogen. Mehrfach kam es zu tätlichen Angriffen. Parallel baut die Partei Kampfsportstrukturen im Bezirk aus und nutzt öffentliche Sportanlagen zur Vernetzung und Rekrutierung, was im September 2024 zu dem BVV-Beschluss führte, diese Nutzung einzuschränken.
Rassismus bleibt dominantes Motiv
Trotz eines leichten Rückgangs (2024: 96, 2023: 114) bleibt Rassismus eines der häufigsten Tatmotive. Besonders betroffen waren Schwarze Menschen, u. a. durch Beleidigungen, Pöbeleien und strukturelle Benachteiligung. Die Zahl antimuslimischer Vorfälle verdoppelte sich auf 12. Rassistische Propaganda nahm ebenfalls zu – besonders in Prenzlauer Berg. Verbreitet wurden u. a. Aufkleber mit dem Slogan „Remigration – bevor es zu spät ist“, die Teil des verschwörungsideologischen Narrativs vom „Großen Austausch“ sind.
Anstieg antisemitischer Vorfälle seit dem 7. Oktober 2023
2024 wurden 65 antisemitische Vorfälle gezählt (2023: 42), besonders viele in Prenzlauer Berg. Viele Taten standen im Zusammenhang mit dem Terrorangriff der Hamas am 7. Oktober 2023. Dokumentiert wurden Schmierereien, Sachbeschädigungen an Gedenkorten, antisemitische Aufkleber sowie Übergriffe mit antiisraelischem oder NS-verharmlosendem Bezug. Die neonazistische Szene nutzte die Eskalation im Nahen Osten zur Agitation – etwa durch Aufkleber mit Parolen wie „Terrorstaat Israel“. Auch Davidstern-Markierungen an jüdischen Einrichtungen und ein vermehrtes Auftreten des von der Hamas genutzten roten Dreiecks wurden festgestellt.
Zunahme LGBTIQ*-feindlicher Vorfälle
Seit 2020 steigt die Zahl LGBTIQ*-feindlicher Vorfälle kontinuierlich. 2024 wurden 42 Fälle registriert (2023: 30), besonders im Pride-Monat Juni. Der Großteil (28) betraf Propaganda, z. B. durch die Gegenkampagne „Stolzmonat“. Auch der „III. Weg“ verbreitete gezielt LGBTIQ*-feindliche Inhalte, etwa durch Aufkleber mit QR-Codes. Es wurden vier Angriffe, acht Fälle von Bedrohung oder Beleidigung sowie Sachbeschädigungen an queeren Symbolen dokumentiert.
Fazit
Die Entwicklung zeigt eine zunehmende Bedrohung für marginalisierte Gruppen und zivilgesellschaftliches Engagement im Bezirk. Die Vorfälle reichen von Propaganda bis zu körperlichen Angriffen. Es bedarf weiterhin klarer, entschlossener Maßnahmen auf politischer wie zivilgesellschaftlicher Ebene.
Allgemeine Infos zu Pankow
Der Bezirk Pankow in Berlin beherbergt fast 410.000 Einwohnerinnen und ist damit der bevölkerungsreichste Bezirk Berlins. Der Prenzlauer Berg sticht als Ortsteil mit der höchsten Bevölkerungsdichte hervor, da hier fast 169.000 Menschen leben. Die Ortsteile Pankow und Weißensee beherbergen jeweils rund 68.300 und 57.000 Einwohnerinnen.
Der Bezirk umfasst zudem zehn weitere Ortsteile und erstreckt sich über eine relativ große Fläche, wodurch im Durchschnitt etwa 4.117 Einwohner*innen pro Quadratkilometer hier leben. Entlang der Ringbahn (z.B. Schönhauser Allee, Greifswalder Straße) sowie an wichtigen Verkehrsknotenpunkten wie dem S-Bahnhof Pankow, dem Antonplatz in Weißensee und den U-Bahnstationen entlang der U2 treffen viele Menschen aufeinander. Diese Stationen dienen als zentrale Umsteigepunkte für den öffentlichen Nahverkehr.










